Klinik Oberammergau
Zentrum für Rheumatologie, Orthopädie und Schmerztherapie
 
 
 
 

DR. MAXIMILIAN KÖHLER IM GESPRÄCH

Cannabis: Wie sinnvoll ist es in der Schmerzmedizin?

Oberammergau/Murnau – Seit 2019 arbeitet Schmerzexperte Dr. Maximilian Köhler mit medizinischem Cannabis. Er setzt es zur Therapie bei chronischen Schmerzerkrankungen und Nervenschmerzen ein. Auch im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen, wie zum Beispiel Multipler Sklerose mit muskulären Spastiken, verschreibt er das Hanfprodukt.
 
Der erfahrene Facharzt für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie ist sich über das mediale Interesse, welches das Thema „Cannabis“ gerade im Zuge der Legalisierungsdiskussion mit sich bringt, im Klaren.   
  
Doch er warnt sowohl davor, die Pflanze zu verteufeln, als auch davor, sie als „Allheilmittel“ anzupreisen.   
  
In einem Onlinevortrag hat er kürzlich über seine Erfahrungen und medizinische Studien zu Cannabis als Schmerztherapeutikum berichtet. Im Chat beantwortete er zahlreiche Fragen.  
  
  
  
 

Welchen Vorteil hat Cannabis gegenüber anderen Medikamenten?

 
Dr. Maximilian Köhler: Schmerztherapie ist nur in Verbindung mit den richtigen Medikamenten wirkungsvoll. Sind die Schmerzen dauerhaft und besonders hartnäckig, werden Opioide verschrieben. Sie sind die stärksten verfügbaren Schmerzmedikamente, haben aber einige Nachteile und müssen daher sehr gut therapeutisch überwacht werden. Mit Cannabis für überlegt ausgesuchte Patienten kann erreicht werden, dass Opioide deutlich reduziert werden können. Zudem gibt es eine ganzheitliche, über die Schmerzbekämpfung hinausgehende positive Wirkung.  
  
 
Opioidreduktion bei chronischem Schmerzsyndrom und hohen Opioiddosen klingt prinzipiell vielversprechend. Extrem schwierig finden viele, die Grenze zu ziehen zwischen Opioidtoleranz und Opiodfehlgebrauch. Gerade wenn man in die USA schaut, sieht man wo ein nachlässiger Umgang mit potentieller Abhängigkeit hinführt  
  

Sehen auch Sie diese Gefahren?

 
Köhler: Das ist richtig, es gibt trotzdem häufig Opioidtherapien ohne Fehlgebrauch bei verantwortungsvoller ärztlicher Betreuung. Als Ärzte halten wir uns ja bei Opioiden wie bei medizinischem Cannabis an die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Ich entscheide als Arzt auch nicht allein, sondern dokumentiere für die Kostenübernahmezusage der Krankenkasse den gesamten bisherigen Behandlungsverlauf des Patienten und überwache die Behandlung selbst.   
  
 

Bestehen da bei Cannabis nicht ähnliche Gefahren einer Abhängigkeit und gibt es Kontraindikationen?

 
Köhler: Cannabis oral eingenommen hat ein deutlich geringeres Sucht-Risiko als andere Substanzen. Schwangerschaft, Kinderwunsch und Stillen schließen Cannabisgabe zu medizinische Zwecken absolut aus. Patienten mit instabilem Kreislauf, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychiatrischen Erkrankungen sowie illegalem Vorkonsum können Cannabis nicht verschrieben bekommen. Und wer beruflich Auto fährt oder besondere Maschinen bedient, darf das Thema Verkehrstüchtigkeit nicht vergessen.   
  
 

Warum gibt es Zweifel an der Wirksamkeit von medizinischem Cannabis?

 
Köhler: Das liegt meines Erachtens daran, dass es noch zu wenige klinische Untersuchungen gibt und die Produkte aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit nicht einfach zu vergleichen sind. Insgesamt mangelt es an Evidenz.  
  
 

Wo sehen Sie medizinisches Cannabis in der Zukunft?

 
Köhler: Ich denke, dass medizinisches Cannabis in Zukunft einen unverzichtbaren Bestandteil in vielen Therapien darstellen wird, speziell auch in der Schmerztherapie; die bereits existierenden Studien lassen darauf hoffen! Wichtig ist, dass Cannabis immer in eine multimodale Schmerztherapie eingebunden ist, also eine von mehreren Maßnahmen darstellt.   
  
INFO
 
Den ganzen Vortrag können Interessierte jederzeit auf Youtube www.youtube.com/watch?v=ULeErZ8lDLA ansehen.   
  
Jeden zweiten Mittwoch gibt es darüber hinaus neue Online-Vorträge zu Gesundheitsthemen bei den Waldburg-Zeil Kliniken.  
  
 
Pressemeldung vom 13.3.2023
 
Veröffentlicht am: 13.03.2023  /  News-Bereich: Die Presse über uns
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